Beispiele:
  1. Sei a0 : = 10, an+1 : = $ \sqrt{{a_n}}$. Es ist leicht zu vermuten, dass die Folge konvergiert. Sei a = limn$\scriptstyle \to$$\scriptstyle \infty$an. Es ist an+12 = an. Daher ist ($ \lim_{{n\to\infty}}^{}$an+1)2 = $ \lim_{{n\to\infty}}^{}$an. Also ist a2 = a und daher ist a = 1.
  2. a0 : = 2; an+1 : = $ {\frac{{1}}{{2}}}$(an + $ {\frac{{2}}{{a_n}}}$). Wenn die Folge konvergiert gilt: $ \lim\limits_{{n\to \infty}}^{}$an+1 = $ \lim\limits_{{n\to \infty}}^{}$an. Bezeichnen wir mit a = $ \lim\limits_{{n\to \infty}}^{}$an, so erhalten wir:

    a = $ {\frac{{1}}{{2}}}$(a + $ {\frac{{2}}{{a}}}$) und daraus a = $ \sqrt{{2}}$.

Solche induktiv definierten Folgen kommen in der Natur häufig vor. Wir wollen dazu ein Beispiel genauer besprechen. Es wird uns an den Rand des Chaos führen.

Der Schwammspinner ist eine bestimmte Raupe, die sich explosionsartig vermehrt. Gehen wir von einer Kolonie von 1000 Faltern aus. Jedes Insekt habe pro Jahr zwei überlebende Nachkommen, die zur Geschlechtsreife gelangen. Es ist dann x0 = 1000 und xn+1 = 2 . xn. Für eine andere Wachstumsrate k gilt: xn+1 = k . xn. Es ergibt sich: xn = kn . x0. Ist k < 1 so stirbt die Population aus. Andernfalls wächst sie exponentiell. Dies kann natürlich nur in einem unendlichen Lebensraum gelten. In einer begrenzten Welt oder einer Welt mit begrenztem Nahrungsvorrat nehmen die Überlebenschancen ab, wenn die Anzahl (xn) sich einer bestimmten Grenze nähert. Ein erster und einfacher Versuch dies zu berücksichtigen ist folgendes: Es soll gelten: k $ \sim$ (1 - xn) oder anders k = r . (1 - xn) mit einer gewissen Konstanten r. Es ist 1 die Grenze, welche xn nicht überschreiten soll. Wir erhalten die sogenannte logistische Gleichung.

xn+1 = r . (1 - xn) . xn (1.6)

Sie stammt von dem belgischen Mathematiker Pierre Francois Verhulst

(28.10.1804 bis 15.2.1849). Er wurde damit zum Vorläufer der modernen Bevölkerungsstatistik. Diese Iterationsgleichung 1.7 werden wir genauer untersuchen. Ist 0$ \le$r < 1 so ist es nicht schwer zu zeigen, dass die Folge gegen 0 konvergiert. Die Population stirbt aus. Zum Untersuchen anderer Parameter r ist es nützlich, ein kleines Program zur Verfügung zu haben. In der emacs lisp sieht es folgendermaßen aus:

(defun fu(r x)
 (* r (- 1 x) x)
)
(defun string(n x)
"Wandelt einen Punkt in einen String! "
  (concat (number-to-string n) "   " (number-to-string x)
          "\n"))


(progn
(setq x 0.9 n 0 r 3.55)
(while (< n 300)
(princ (string n x)  (get-buffer "logistisch"))
(setq x (fu r x) n (+ n 1))
)
)
Lassen wir dieses Programm mit r = 1 und etwa 20 Iterationen laufen, so vermuten wir zu Recht, dass die Folge gegen 0 konvergiert. Wir können auch beweisen, dass die Folge keinen anderen Grenzwert haben kann. Angenommen a ist der Grenzwert der Folge (an). Dann ist auch $ \lim\limits_{{n\to \infty}}^{}$an+1 = a. Wir erhalten: a = a . (1 - a) und daher a2 = 0. Also ist a = 0. Das heißt, wenn die Folge einen Grenzwert hat, so ist dies 0. In diesem Beispiel ist es einleuchtend, zu glauben, dass die Folge konvergiert. Tun wir es, trotz einem kleinem schlechten Gewissen. Biologisch heißt dies: Eine Population, welche die logistische Gleichung 1.7 mit r = 1 erfüllt ist zum Aussterben verurteilt.

Betrachten wir den Fall r = 2. Unser Programm sagt diesmal, dass der Grenzwert 0.5 ist. Dabei ist der Startwert egal. Auch diesmal ist dieser Grenzwert unter der Voraussetzung, dass er existiert leicht zu berechnen.

Schwieriger wird die Situation im Falle r = 3. Die ersten 20 Iterationen liefern folgendes Ergebnis:

0   0.9
1   0.26999999999999996
2   0.5912999999999999
3   0.72499293
4   0.5981345443500453
5   0.7211088336156269
6   0.603332651091411
7   0.7179670896552621
8   0.6074710434816448
9   0.7153499244388992
10   0.6108732301324812
11   0.7131213805199696
12   0.6137378314957869
13   0.711191117059908
14   0.6161949362249647
15   0.7094962103870291
16   0.6183340135004208
17   0.7079911837466467
18   0.6202190024510059
19   0.7066421743490551
Diesmal zeigt unser Programm etwas zwielichtiges. Es sieht so aus, als ob die Folge zwischen zwei Werten hin und her springt. Konvergiert sie? Wenn ja, kann man den Grenzwert berechnen?. 1.1Noch unübersichlicher wird die Frage bei r = 3.2 oder gar r = 3.9. Veranschauicht man sich diese Daten mit gnuplot, so ergibt sich mit r = 3.55 und 300 Iterationen:
Abbildung 1.1: logistisch
\includegraphics[height=8cm width=10cm]{logistisch}
Das heisst die errechneten Zahlen pendeln zwischen einer Reihe von Werten hin und her. Wir brauchen also unbedingt Konvergenzkriterien.
Andreas Bartholome
2003-11-26