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Kampf zwischen Petrus und Bernhard.

1139 schreibt Wilhelm von St.Tierry der ehemalige Schüler von Peter und anschließende Mystiker und Verehrer Bernhards an Bernhard von Clairvaux: ,,Petrus von Abälard lehrt wider Neues, schreibt wieder Neues.... Die befremdlichen Neuigkeiten der Worte in Glaubensdingen haben mich verstört und die neuen Erfindungen unerhörter Bedeutungen. Da ich sonst niemanden habe, an den ich mich wenden kann wende ich mich an euch in der Sache, dem Streitfall Gottes und ich rufe die ganze lateinische Kirche zum Gericht auf.`` Bernhard rührt sich zunächst nicht. Bis heute weiß man nicht genau in welchem Verhältnis Bernhard und Abälard bis dahin standen. Unter Bernhards Sekretären und engsten Gefährten waren viele einige ehemalige Schüler Abälards. Fast jeder der theologisch von sich etwas hielt, hatte bei Abälard irgendwann einmal studiert. So Otto von Freising oder Johannes von Salisbury Arnold von Brescia. Bei Peter liefen die geistigen Fäden seiner Zeit zusammen. Also gekannt hatten sie sich auf jeden Fall. Sie müssen sich sogar persönlich gekannt haben denn Abälard und Bernhard waren zusammen bei der Anerkennung Innozenzens. Außerdem hatte Bernhard einmal das Kloster von Heloisa visitiert. Der Visitationsbericht ist noch erhalten . Bernhard ist begeistert. Im übrigen auch Heloisa von Bernhard. Die charmante hochintelligente gebildete Frau wird auf ihn einen tiefen Eindruck gemacht haben. Dafür war Bernhard sicher zugänglich, wie seine spätere Zuneigung zu Hildegard von Bingen auch beweist. Genauso wird der tiefe wortgewaltige Mystiker auf die Frauen gewirkt haben. In seinem Visitationsbericht ist er jedenfalls voll des Lobes für Heloisa und ihre Nonnen. Einzig eine Beanstandung hat er. Er bemäkelte den Text einer Vaterunserbitte, den die Nonnen von Abälard übernommen hatten. Wie gesagt beide kannten sich. Ob aus diesen persönlichen Gründen Bernhard zögerte gegen Peter vorzugehen, wir wissen es nicht. Immer mehr seiner gewaltigen Mönchsgemeinde reden auf ihn ein. Schließlich entschließt sich Bernhard zum Angriff. Wenn er sich einmal entschlossen hat, dann wird der Angriff aber mit aller Wucht vorgetragen, die ihm zu Gebote steht. Und zwar kaum ist der Entschluss gefallen, so ist Abälard auch schon verurteilt. Denn Bernhard räsonierte nie. Er machte sich nicht die Mühe etwa die Schriften seines Gegners zu studieren. Er machte sich nicht die Mühe zwischen Peters eigenen Aussagen und Aussagen aus dritter Hand zu unterscheiden. Fasten und Beten ist oft leichter, als seine eigene Position in Frage zu stellen. Bernhard hält sich an das Verfahren wie es in Matth 18,15-17 beschrieben wurde. ,,Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen. Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf sie nicht, dann sage es der Gemeinde. Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide und Zöllner``. Aus dieser Schriftstelle war inzwischen ein kirchliches Lehrverfahren entwickelt worden. Es bestand aus folgenden Schritten. Brüderliche Zurechtweisung, Feststellung der brüderlichen Zurechtweisung vor Zeugen , die Anzeige vor der Gemeinde , die Verurteilung durch die Gemeinde Konzil oder den Papst, die Exkommunikation. Genau diese Methode wandte Bernhard an. Für ihn stand also von vorneherein fest, wer der Sünder war, und wem das Recht zur Ermahnung zustand. Er Bernhard war nach Definition schon auf Gottes Seite. Bernhard und Abälard trafen sich. Abälard wusste genau was ihm bevorstand. Aber unabhängig von diesem Wissen war Abälard eigentlich stets bereit seine Thesen zu überarbeiten und Unklarheiten zu beseitigen. Nun die Überarbeitung und Umformulierung ging Bernhard und Bernhards Anhängern nicht weit genug. Es kam zum nächsten Schritt. Der Zurechtweisung unter Zeugen. Auch jetzt ist Abälard noch zu weiteren Zugeständnissen bereit. Allein schon deswegen, weil er alles tun musste um ein weiteres Ketzerkonzil zu vermeiden. Aber natürlich ließen sich etwa Heißsporne unter den Studenten nicht bändigen. Zugespitzte Thesen,etwa über die Erbsündenlehre werden weiter umgelaufen sein. Bernhard verwarnte einige Schüler Abälards. Die Bischöfe meldeten das nach Rom. Abälard war in seiner Magisterehre gekränkt und seine Haltung versteifte sich. Er erkannte, daß Nachgeben Verheimlichen der Auseinandersetzung Bernhard nie befriedigen würde. Er vertraute auf seine eigene Rechtgläubigkeit, von der er zutiefst überzeugt war und seine Fähigkeit zur mündlichen Verteidigung. Jetzt wollte auch er den Kampf. Er sollte sich täuschen ihm wurde keine Gelegenheit zur Verteidigung gegeben. Bernhard kennt seine Schwächen und Stärken er weiß in der wissenschaftlichen Diskussion ist er Abälard haushoch unterlegen. Also lässt er sich darauf nicht ein. Er wartet einen Zeitpunkt ab, an dem Abälard nicht in Paris ist erbittet sich vom Pariser Bischof die Predigterlaubnis und redet in Notre Dame. Die Predigt fängt allgemein an endet schließlich mit einem gewaltigen Angriff auf den Magister Petrus ohne dessen Namen zu nennen: ,,Wehe euch, die ihr nicht nur den Schlüssel zum Wissen in der Hand haltet, sondern auch den Schlüssel der kirchlichen Autorität.... Angemaßt habt ihr euch den Schlüssel, nicht empfangen habt ihr sie ,, Aber Bernhard hat sie empfangen. Deswegen steht ihm die Verdammung zu. ,,Hat doch unverschämterweise ein Mensch die Stellung der Friedfertigen und den Platz der Kinder Gottes eingenommen, der den Ruf Gottes zur Rückkehr seines Herzens nicht gehört hat, oder wenn er ihn einst gehört hat, seine Ohren verschloss, flüchtend wieder zu seinen (Pergament) Blättern, auf daß er sich in ihnen verstecke...Geld nicht Gerechtigkeit erstrebt er, seine Augen blicken nur nach oben, unersättlich hungert er nach Würden, dürstet nach menschlicher Ehre. ...Fünf Häupter sind der Hydra schon abgeschlagen, aber unzählige wachsen nach.`` (Ein Hinweis auf die frühere Verurteilung Abälards) ,,Rettet Brüder ich ermahne euch, rettet eure Seelen, seid eingedenk des Blutes, das für euch vergossen wurde, hütet Euch vor der schrecklichen Gefahr, dem Feuer, das den Fehlenden bereitet ist...Flüchtet aus der Mitte Babylons, flüchtet und rettet eure Seelen. Eilet zu den Stätten der Zuflucht, wo Ihr das Vergangene bereuen, gegenwärtige Gnade erlangen und zukünftige Herrlichkeit erwarten.`` Wir sehen die uralte Methode Zuckerbrot und Peitsche oder Drohen mit Höllenfeuer und locken mit dem Paradies. Von geistiger Auseinandersetzung keine Spur. ,, An diesem Tag bekehrten sich viele Studenten `von den inhaltslosen Studien zur Pflege der wahren Weisheit'.``. Einer der Bekehrten war Gottfried von Auxerre einer der Schreiber der Vita. Nun ist Bernhard öffentlich aufgetreten. Für ihn gibt es selbst wenn er wollte kein zurück mehr. Denn Bernhard hat niemals in seinem Leben eine Entscheidung zurückgenommen oder später etwa eingestanden, daß eine Entscheidung falsch war. Er hat aber Angst vor dem Freundeskreis des Abälard. Denn ganz Europa war voll von begeisterten Schülern des Magisters. Deswegen folgt nun eine Kaskade von Briefen nach Rom. Insbesondere an die Freunde Abälards. So an den Kardinal Guido von Citta di Castello, den späteren Papst Coelestin II.

,,In Franzien ist aus einem alten Magister ein neuer Theologe geworden, der seit seiner Jugend mit der Kunst der Dialektik spielte und nun in den heiligen Schriften Unheil anrichtet. ...Alles weiß er, alles kennt er, was im Himmel droben ist und auf der Erde hienieden, alles außer dem einen, dem ,,Ich weiß es nicht``. Er hebt seinen Mund zum Himmel ... und beschert uns unaussprechliche Worte, die keinem Menschen auszusprechen erlaubt sind....`` An einen Kardinal G. schreibt er: ,,Wir gehen gefährlichen Zeiten entgegen. Magister haben wir mit geilen Ohren, Schüler mit verschlossenen Ohren, der Wahrheit abgewandt, dem Gerede zugewandt. Wir haben in Franzien einen Mönch ohne Regel, einen Vorsteher ohne Sorge, einen Abt ohne Zucht:Petrus Abälard, der mit unreifen Jungen diskutiert und mit Frauen Umgang pflegt. (Man beachte wieder die Steigerung der Verwerflichkeit) In seinen Reden führt ungeistliche Neuheiten ein, an Worten wie an Inhalten. Die geistige Nacht, in der Gott wohnt betritt er nicht allein, wie Moses es tat, sondern mit Scharen von Schülern. In Dörfern und Gassen wird über den katholischen Glauben diskutiert.`` Oder schließlich an einen unbekannten Abt:

,,Gott ist im Streit. Die Wahrheit gleitet dahin. Die Kleider Christi werden zerschnitten, die Sakramente der Kirche zerrissen. (Für all das hat er keine Belege) Von den Fußsohlen bis zur Stirn wird das Heil zerstört, die Einfalt der Gläubigen verhöhnt. Nahe ist die Zeit, da der Löwe sich von seinem Lager erhebt, der Feind der Kirche und Räuber der Völker. Petrus Abälard schreitet voran vor dem Antichristen, ihm den Weg zu bereiten``. Wir sehen von geistiger Auseinandersetzung keine Spur. Bernhard wird zum Gefangene seiner eigen Angstpredigten. Bernhard zeigt Peter in Rom und bei seinem Bischof in Sens an. Rom und Bischof Stephan wollen abwiegeln. Kardinal Guido machte sich sogar sofort auf um Abälard beizustehen. Freunde und Schüler bitten den Bischof von Sens er möge Bernhard zu einem Streitgespräch laden. Der Bischof lud Bernhard und Abälard ein zu einem Streitgespräch. Bernhard ist zunächst empört. Der Glaube kann doch nicht durch Dispute geprüft werden, sondern nur durch mystische Schau. Aber schließlich sieht er ein. Wenn er jetzt sich weigert, so hat Abälard schon gewonnen. Und tatsächlich kommen schon von überallher die Scholaren. Sie wollen sich das öffentliche Spektakel nicht entgehen lassen. Sie werden enttäuscht werden. Bernhard löst das Problem auf seine Weise. Er kommt in Sens an und hält am 2.ten Juni 1140 eine seiner aufwühlenden Predigten vor dem versammelten Volk. Er bittet man möge um Abälard beten. Also er tut so als ob geklärt wäre, daß Abälard Häretiker ist. Am Abend versammelt Bernhard die anwesenden Bischöfe und Prälaten zur Vorbereitung der Sitzung am nächsten Tag um sich. Unter den Bischöfen war der päpstliche Legat Hyazint auf Abälards Seite. Er wird der einzige gewesen sein der Bernhard ernstlich widersprochen hat. Bernhard setzt mit seiner Eloquenz durch, daß über fraglichen Thesen einzeln vorabgestimmt wird, ohne daß eine Verteidigung Abälards gehört wird. Das Ergebnis dieser Nacht ist: Petrus kann am nächsten Tag nicht mehr etwaige Thesen disputieren vielleicht modifizieren anders ausdrücken usw. das was seine Stärke ist, sondern er musste sich nur noch persönlich verantworten. Abälard hatte damit durch den Handstreich Bernhards nur noch zu wählen, ob er sich zu den verurteilten Sätzen bekannte oder nicht. Hyazint wird in der Nacht Abälard über diesen Handstreich unterrichtet haben. Der überlegt sich seinen Schritt ganz genau. Am nächsten Tag begann das Konzil mit einem feierlichen Pontifikalamt und der Anrufung des heiligen Geistes. Die Sache Abälard wurde aufgerufen er trat in den Chor. Bernhard von Clairvaux erhob sich trat in die Mitte des Chors , las im Namen der Bischöfe die am Abend vorher verurteilten Sätze vor, von denen übrigens keiner wusste ob sie tatsächlich von Abälard waren,und fragte Abälard ob er diese Sätze noch vertrete. Es war die Frage an einen Ketzer vor seiner Verurteilung. Sie war notwendig um von der Aburteilung der Sätze zur Verurteilung der Person zu kommen. Abälard beantwortete die Frage nicht sondern appellierte an den Papst. Alles war schockiert. Bernhard erwiderte, er möge frei und ungehindert reden, man werde ihn mit Geduld anhören. Abälard wusste, daß die sachliche Entscheidung schon gefallen war, er ließ sich in keine Diskussion mehr ein dreht sich um und verließ die Kirche. Beim Hinausgehen sieht er Gilbert von Poitiers auch ein Mann der aufkommenden Wissenschaft. Er geht an ihm vorbei und zitiert Horaz.

,, Auch um dich geht es,
wenn die Mauer des Nachbarn brennt.``
Im Jahre 1147 betrieb Bernhard das Verfahren gegen Gilbert. Abälard hat dadurch Zeit gewonnen und Bernhard überschüttet in seiner Angst um den rechten bernhardschen Glauben Rom mit Briefen. Innozenz sein Geschöpf muss sich so verhalten wie er will. Und Innozenz bestätigt die Verurteilung. Aber das braucht damals Zeit. In dieser Zeit ist der kranke Abälard auf der Wanderschaft nach Rom. Auf dem Weg dorthin nimmt ihn Abt von Cluny Petrus Venerabilis auf. Zwar wurde inzwischen das Urteil bestätigt. Abälard ist zu ewiger Kerkerhaft verurteilt, seine Schriften zu verbrennen. Glücklicherweise gibt es ungehorsame Menschen. Der später Papst Coelestin gehört dazu und die große Gestalt des Abtes von Cluny Petrus Venerabilis. Er tut einfach so, als wisse er noch nichts von dem Urteil. Er schreibt einen ungeheuer diplomatischen Brief nach Rom erinnert fein daran, daß Bernhard nicht der einzige war, der maßgeblich am Papsttum Innozenz beteiligt ist. Den Abt von Citeaux den einzigen Vorgesetzten Bernhards bringt er dazu Vermittler in einem Gespräch zwischen Abälard und Bernhard zu sein. Abälard beißt in den bitteren Apfel und unterwirft sich Bernhard. Der ist gezwungen die Aussöhnung anzunehmen. Abälard verbringt seine letzten zwei Lebensjahre in Cluny. Rom hebt zwar das Urteil gegen ihn auf. Veröffentlicht aber niemals diese Aufhebung. Nach dem Tod ihres Mannes bittet Heloisa den Petrus Venerabilis darum das Abälard bei ihr beerdigt wird. Die Gebeine werden nach dem Paraklet überführt. Das letzte Werk Abälards in Cluny ist eine Diskussion zwischen einem Juden einem Christen und einem Muslim über ihren Glauben. Wir sehen Abälard hat diesen Gedanken nie aufgegeben, daß man über den Glauben vernünftig reden könne. Das Werk konnte aber nicht mehr in die Öffentlichkeit wirken. Die wurde beherrscht von dem Kreuzzugsprediger und dem Ketzerjäger Bernhard. Die Zeloten sollten siegen nicht die Vernunft. Noch einmal hetzte Bernhard Tausende gegen alle Vernunft in den Tod.
1145
Bernhard in der Languedoc, wo er zusammen mit dem Kardinalbischof Alberich von Ostia (seinem Schüler) gegen Heinrich von Lausanne (Heinrich der ,,Mönch``) vorging, ein Wanderprediger, der die Gültigkeit der Sakramente bestritt...[Lan90, Seite 325]. Henry Charles Lea zitiert Bernhard wie er über den Zustand der Religion in den ausgedehnten Besitzungen des Grafen von Toulouse klagt: ,,Die Kirchen sind ohne Volk...`` [Lea97, Seite 77]
1147
Papst Eugen III übertrug seinem Lehrer 1147 die Predigt zum 2ten Kreuzzug Predigtreise durch Deutschland folgt.
1148
Der Kreuzzug scheitert kläglich.
1153
Bernhard zurück nach Lothringen. Er stirbt am 20ten August in Clairvaux.
1162
Papst Alexander III lehnt einstweilen eine Heiligsprechung Bernhards ab. Daraufhin revidiert Geoffroy von Auxerre die Vita.
1174
Am 18 Januar 1174 spricht Papst Alexander III (1159-81) Bernhard heilig.
15 Jahrhundert
Bernhard wird zum ,,Doctor mellifluus``.
1830
Pius der VIII erhebt Bernhard zum ,,Dr. Ecclesiae``. Der letzte Kirchenvater.

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Andreas Bartholome
2004-10-21