,,In jenen Tagen lebte Petrus Abälard, ein hervorragender Gelehrter und hochberühmt durch seinen Gelehrtenruf, doch in Glaubensdingen Irrlehren huldigend. Als seine schlimmste Gotteslästerungen strotzenden Schriften überall umherflogen, wandten sich wohlunterrichtete und glaubenstreue Männer mit seinen schändlichen Neubildungen von Worten und Begriffen an unseren Gottesmann.`` so heißt es voll tiefer MönchsWeisheit in der Vita. Forscht Frau weiter welche entsetzlichen Gotteslästerungen diese Ausgeburt des Teufels Abälard denn ausgestoßen hat, so läßt den frommen Leser die Vita in Stich. Vielleicht sollte der gottesfürchtige Leser nicht durch die schrecklichen Lästerungen in seiner Seele gekränkt werden. Von Abälard liegt eine Autobiographie vor.- Ich kann sie nur jedem Theologen empfehlen zu lesen. Ich zitiere aus ,,Abälard. Die Leidensgeschichte un der Briefwechsel mit Heloisa``
,,Von der ganzen Philosophie sagte mir die Logik am meisten zu: Für ihre Waffen gab ich die Ritterwaffen dahin, um nur noch im Geistesturnier Ringe zu stechen. Zum Studium der Logik zog ich überallhin, wo man mir Hauptsitze dieser Wissenschaft rühmte, und wurde so ein Wanderphilosoph im Sinne des Altertums``. Bernhard wird ihn deswegen später als Goliard beschimpfen das waren Vaganten und studentische Nichtsnutze, die von Lehrer zu Lehrer zogen. Abälard war 10 Jahre älter als Bernhard. Sein erster Lehrer war Wilhelm von Champeaux. Der unterrichtete in Paris. ,,Seine Logikvorlesungen waren damals berühmt und verdienten es auch. Ich war anfangs lieb Kind; später wurde ich ihm lästig.`` Abälard versuchte bald die Thesen Wilhelms öffentlich zu wiederlegen. Und immer schlechter schnitt der Lehrer gegen den Schüler ab. Schließlich verließ Abälard noch als ganz junger Mann Wilhelm und unterrichtete selber. Die Studenten liefen ihm nur so zu. Seine Vorlesungen galten als spritzig, witzig und mit der genügenden Aggressivität gegen zeitgenössige Lehren versehen. Innerhalb kurzer Zeit mußte Wilhelm seine Schule aufgeben. Er wurde zunächst Mönch und dann später Bischof. Als solcher hat er dann Bernhard zum Abt geweiht. Abälard wurde hochberühmter Lehrer in Paris. Er schreibt ,,Du müßtest ja wissen lieber Freund, wie die Hörsäle sich füllten, wie meine Einnahmen aus dem Kolleggeld sich erhöhten und mein Ruhm anstieg. Aber es ist die alte Geschichte: geht es Toren gut, dann blähen sie sich auf.... Es lebte damals in Paris ein junges Mädchen, Heloisa geheißen, die Nichte des Kanonikers Fulbert geheißen. `` Dieser Fulbert muß dumm und eitel gewesen sein. Heloisas Schönheit und Klugheit war Stadtgespräch. Fulbert wollte für sie den besten Lehrer engagieren. Er sprach Abälard an und der sagte nicht Nein. ,,Auf einen leichten Sieg bei Heloisa durfte ich gerade darum rechnen, weil sie wissenschaftliche Bildung besaß und auch zu schätzebn wußte.`` Abälard geht zur Attacke über. ,,So vereinbarte ich mit Fulbert, daß er mich in sein Haus aufnehme und den Preis nach seinem Belieben festsetze. ...und Fulbert, der immer recht viel Geld machen und außerdem seine Nichte recht viel lernen lassen wollte, Fulbert kam ans Ziel seiner Wünsche. Mein Geld für sich und meine Gelehrsamkeit für seine Nichte. Und so kam ich meiner Wünsche.... Ich kann es wohl kurz machen: der Hausgemeinschaft folgte die Herzensgemeinschaft! ...Die Bücher lagen offen da, Frage und Antwort drängten sich, wenn die Liebe das bevorzugte Thema war, und der Küsse waren mehr als der Sprüche. Meine Hand hatte oft mehr an ihrem Busen zu suchen als im Buch und statt in den wissenschaftlichen Textbüchern zu lesen, lasen wir sehnsuchtsvoll eins in des anderen Auge.`` Bald wußte ganz Paris. Der berühmte Logiklehrer Abälard ist verliebt. Seine Logikbeispiele bekamen die Form:,, Peter liebt Mädchen`` Er wurde zum Dichter und Komponist. Seine Lieder müssen damals Schlager gewesen sein. Ganz Paris freute und spottete über das Liebespaar nur Fulbert merkte nichts, solange bis auch ein Kanoniker die Folgen der Liebe nicht mehr übersehen kann. Abälard entführte Heloisa in seine Heimat die Bretagne. Dort entband sie einen Sohn. Astrolabius. Abälard dämmerte es trotz seiner Eitelkeit und Karrieresucht langsam, daß er sich bisher eigentlich dem jungen Mädchen gegenüber sehr unfein benommen hatte. Er schlug dem Onkel und seiner Geliebten Heirat vor. Aber in aller Heimlichkeit, um seine Karriere nicht zu stören. Scheinbar mußte ein Philosoph zumindest unverheiratet gelten. Heloisa weigerte sich zunächst. Später schreibt sie ergreifend ,,In den Namen Gattin hören andere vielleicht das Hehre, das Dauernde; mir war es immer der Inbegriff aller Süße, Deine Geliebte zu heißen, ja-bitte zürne nicht!-Deine Schlafbuhle, Deine Dirne``. Aber Abälard setzt sich durch. Heloisa und Peter heiraten heimlich. Aber damit ist dem Kanoniker Fulbert noch nicht Genüge getan. Die Heimlichkeit der Ehe der beiden erbittert ihn maßlos. Er dingt sich Schergen. Nachts überfallen sie Abälard in seiner Pariser Wohnung und ,,sie schnitten mir von meinem Leib die Organe ab, mit denen ich sie gekränkt hatte.``
Abälard tritt in das Kloster St.Denis ein. Vorher schickt er aber seine Geliebte und Frau auch in ein Kloster.Unter Tränen und Schluchzen stieß Heloisa die Worte aus:
,,O,herrlicher Gatte,[Pod90, Seite 111]
Besseren Ehbetts wert! So wuchtig durfte das Schicksal
Treffen ein solches Haupt? Ach mußt ich darum dich freien,
daß dein Unstern ich würd? Doch nun empfange mein Opfer-
Freudig bring ich es Dir-
Aber Abälard ist trotz der schrecklichen Wunde nicht gebrochen. Er kann auch bald wieder lehren, jetzt aber hauptsächlich Theologie. Es entsteht das erste theologische Hauptwerk. ,,Theologia Summi boni``. Durch diese Werk wird er der Lehre des ganzen Mittelalters werden. Er ist der eigentliche Vater der Scholastik. Seine Vorlesungen sind sofort wieder von Studenten überlaufen. Aber durch sein kritisches Verhältnis zur Autorität schafft er sich bald viele Feinde. Er besteht darauf: In einer Streitfrage reicht es nicht aus sich auf eine Autorität zu berufen. Denn Hieronymus Augustinus etc, haben sich oft gegenseitig und sogar selbst widersprochen. Für viele Theologielehrer und Mönche gerät die Welt des Glaubens aus den Fugen. Professoren, denen er den Rang abgelaufen hat klagen ihn an und auf einem völlig zufällig zusammengewürfelten Konzil an. Aüßerlich ging es um die Frage der Dreifaltigkeit. Tatsächlich um das Verhältnis zur Autorität. Alberich wirft Abälard vor er leugne, daß Gott sich selbst gezeugt habe. Darauf Abälard: ,,Ich werde das vernunftgemäß begründen, wenn ihr es wollt`` Alberich lehnte das ab: In solchen Fragen kommt es gar nicht auf die menschliche Vernunft und unser Meinen an, sondern nur auf die maßgeblichen Zeugnisse der Kirchenväter``. Dann gibst ihm aber Abälard. Er hat das entsprechende Kirchenväterzitat zu seinen Gunsten parat. Er zitiert Augustinus ,,Wer da glaubt, Gott habe die Macht sich selbst zu erzeugen, der irrt gewaltig: Diese Fähigkeit kommt Gott nicht zu, sie kommt überhaupt keiner geistigen oder leiblichen Kreatur zu; es gibt schlechthin nichts, was sich selbst erzeugt``. Alberich muss klein beigeben aber Abälard schlägt noch einmal nach, indem er sagt es käme auch nicht auf den Kirchenvater an, denn andere haben anderes behauptet, wir haben also gar keinen Ausweg. Wir müssen unsere Vernunft zu Rate ziehen und auch bei der wissen wir, daß sie fehlbar ist. Das alles ist zu viel Unsicherheit, für einfache Gemüter und Abälard wird nach einigen Intrigen, die ihm die Möglichkeit rauben sich öffentlich zu verteidigen von dem Konzil gezwungen seine Schrift eigenhändig zu verbrennen. In der Rückschau schreibt er. ,,Herr Gott , der du ein gerechter Richter ,bist, mein Herz war voll Galle und eitel Bitterkeit; ein Wahnsinniger, ein Verblendeter verklagte ich dich heftig, ich wiederholte immerzu den Stosseufzer des seligen Antonius: `Liebster Jesu, warst du so fern!'`` Er vergleicht seine Kastration mit dieser Verurteilung. ,,Die ruchlose Tat von damals erschien mir unbedeutend neben der Rechtsbeugung, die das Konzil an mir begangen. Und ich beklagte die Schändung meines wissenschaftlichen Namens noch leidenschaftlicher als die meines Leibes; hier war ich einer nackten Vergewaltigung zum Opfer gefallen, obwohl die lauterste Absicht und die reine Liebe zu unserem Glauben mir die Feder geführt hatte. `` Bezeichnend ist: Alle Richter hatten ein schlechtes Gewissen. Außerdem hat Abälard offensichtlich mächtige Freunde. Die Klosterhaft, zu der er verurteilt wurde bald wieder aufgehoben und er durfte in sein Kloster nach St.Denis zurückkehren. In St.Denis zerstritt er sich bald wegen seiner Ironie und Aufgeklärtheit mit den Mönchen. Er entdeckte nämlich, daß die Gründungslegende von St.Denis falsch war. Das führte zu Anschlägen auf sein Leben. Er kann fliehen. Adlige Gönner stellen ihm ein Landstück zur Verfügung. Hier kann er lehren. Binnen kurzem ist diese Einöde wieder überfüllt von Studenten. Abälard muss damals geistige Schwerstarbeit geleistet haben. Er arbeitet wieder an seinem Lebenswerk, der Dialectica und dann an dem Werk durch das er in gewissem Sinne zum Vater der abendländischen Wissenschaft wird. Er betrachtet die Zeitläufe sieht wie sich Päpste gegenseitig exkommunizieren Kaiser und Päpste verteufeln. Alle aber haben irgendwelche Väter und Bibelzitate zur Hand, um ihre Position mit Autorität zu untermauern. Ihm geht auf, daß der gesamte Stoff der Überlieferung mit logischen Widersprüchen durchsetzt ist. Angesichts dieser Tatsache entsteht bei ihm ein neues Ethos der Wissenschaft. Er entwickelt den methodischen Zweifel. Heute weiß jeder auch nur halbwegs kreative Wissenschaftler, das dies die einzige Methode ist um eine These zu erhärten. Man muss das Gegenteil annehmen möglichst lange und intensiv nach Gegenbeispielen zu einer vorgetragen These suchen. Frau muss eben systematisch bezweifeln. Er schreibt das Werk ,,Sic et Non``. Unter anderem wegen diesem Werk wird ihn später Bernhard maßlos angreifen. Abälard schreibt damals: ,,Da bei der Fülle der Worte auch Aussprüche selbst der Heiligen, nicht nur verschieden, sondern auch widersprüchlich zu sein scheinen, ist es nicht leicht darüber zu entscheiden.`` Zunächst legt er eine Materialsammlung für diese Behauptung an und entzieht dadurch einfältigen Mönchsgeistern, die sich auf einem Felsfundament glaubten den Boden. Er stellt einen ganzen Katalog auf wie man mit Autoritäten umgehen soll.
Die Juden keine Gottesmörder! Erst das 2-te Vatikanische Konzil hat diese These Peters ausdrücklich bestätigt. Seinen Zeitgenossen stieß er ins Herz.