Unendliche Mengen
Auf einer Party tummeln sich eine Menge von Damen
und eine Menge von
Herren
. Es ist Damenwahl. Jede der Damen sucht sich einen Tänzer
aus. Und siehe da es bleibt keiner übrig. Die Damen sind sehr tanzfreudig und
so wird auch in den nächsten Runden keiner der noch so faulen Herren seinem
Schicksal entgehen. Mathematisch heißt dies: Es gibt eine bijektive Funktion
und jede injektive Funktion
ist auch surjektiv. Das heißt
insbesondere ist jede injektive Funktion
auch surjektiv.
1
Er hat auch eine schöne Begründung dafür, dass es eine unendliche Menge gibt:
,, Meine Gedankenwelt, d.h. die Gesamtheit aller Dinge, welche
Gegenstand meines Denkens sein können, ist unendlich. Denn wenn ein
Element von bedeutet, so ist der Gedanke s', dass der Gegenstand
meines Denkens sein kann, selbst ein Element von S. Sieht man dasselbe als
Bild
des Elementes an, so hat daher die hierdurch bestimmte
Abbildung ...`` die gewünschten Eigenschaften.
Abbildung 7:
Gedanken
|
Ich muss gestehen: Mich überzeugt der Beweis. Es gibt Beckmesser, die ihn
nicht schlüssig finden. Auf jeden Fall erhellt Dedekinds Definition auf
einmal schlaglichtartig, dass das Unendliche eigentlich näher liegt als das
endliche. Hilbert hat diese Definition durch sein schönes Bild vom Hilbert
Hotel erläutert.
Einer der Kritiker Dedekinds war sein Freund Georg Cantor. Er hatte übrigens
die etwas unangenehme Art die Freundschaft unter wissenschaftlichen
Auseinandersetzungen leiden zu lassen.
So schreibt er in einem Brief an Hilbert:
[HM91, Seite 427]
,,Dedekind geht offenbar von der Meinung aus, dass die Zahlentheorie keine
anderen Axiome voraussetze als die logischen; dasselbe scheinen die
Vertreter des Logikcalcüls zu glauben.
...
Mein anderer Gegensatz zu Dedekind besteht, wie Sie ja wissen, darin, dass er
jede bestimmte Vielheit für consistent hält, also den Unterschied von
consistenten und inconsistenten Vielheiten nicht zugiebt``
Dedekind definiert Unendlichkeit als Beziehung einer Menge zu sich. Nicht
durch die Elemente der Menge. Dedekind erklärt durch soziale Beziehungen die Unendlichkeit.
Satz 3.1
Folgende Aussagen sind äquivalent:
- Es gibt eine unendliche Menge.
- Es gibt eine freie zyklische einstellige Algebra.
Beweis:1.
Es gibt eine unendliche Menge . Das heißt es gibt
eine injektive Abbildung
, welche nicht surjektiv
ist. Also ist
. Sei die kleinste
Unteralgebra von , welche enthält.
ist dann eine freie
zyklische einstellige Algebra.
2.
1. Ist klar.
Hinweise:
- Der Begriff der Unendlichkeit überträgt sich von der Kategorie der Mengen ganz
leicht auf andere Kategorien. So kann man sagen: Ein Vektorraum hat
unendliche Dimension, genau dann wenn es einen injektiven Homomorphismus gibt,
der nicht surjektiv ist. 3
Erklärung 3.2
Ein Objekt in einer Kategorie heißt unendlich, wenn es einen
Monomorphismus
gibt, der kein Epimorphismus ist. Endlich
heißt , wenn dies nicht der Fall ist.
- In diesem Sinne in in der Kategorie der abelschen Gruppen
endlich, während
unendlich ist. Also etwas als Menge
größeres ist endlich. Dies zeigt einen weiteren Aspeckt der Definition von
Dedekind. Ob etwas endlich ist hängt von den Beziehungen ab, die möglich sind.
Man hätte auch den dualen Begriff nehmen können etwa
Erklärung 3.3
Ein Objekt in einer Kategorie heißt kounendlich, wenn es einen
Epimorphismus
gibt, der kein Monomorphismus ist.
Satz 3.2
In der Kategorie der Mengen ist eine Menge genau dann unendlich, wenn sie
kounendlich ist.
Beweis:Sei eine endliche Menge und
eine surjektive
Abbildung. Dann gibt es ein
mit . Also ist
eine injektive Abbildung und als solche surjektiv weil endlich ist.
Damit ist bijektiv und ist die Umkehrabbildung . Also ist
auch injektiv.
Ist umgekehrt kounendlich und
eine injektive
Funktion, so gibt es ein
mit . Daher ist
eine surjektive Funktion, die nach Voraussetzung injektiv ist. Daher ist
die Umkehrfunktion von und als solche surjektiv. Also ist endlich.
Dieser Satz 3.2 gilt in anderen Kategorien nicht.
- Beispielsweise ist jeder unendliche Integritätsring, der nicht Körper
ist, in der Kategorie der Moduln über diesem Ring unendlich aber keineswegs
kounendlch.
-
ist in der Kategorie der abelschen Gruppen
kounendlich aber endlich.
Ab jetzt stellen wir uns auf den Standpunkt des heiligen Augustinus. Wir
glauben also an die Existenz einer unendlichen Menge. Wegen Satz
gibt es dann eine freie einstellige zyklische Algebra.
Dedekind nennt sie in [Ded65, Seite 16] einfach unendlich.
Nach dem Basissatz
2.9 ist diese bis auf Isomorphie eindeutig bestimmt. Wir wählen
eine solche aus und nennen sie
. Sie werde erzeugt von 0.
Satz 3.3
Eine einstellige Algebra ist genau dann zyklisch, wenn sie epimorphes Bild
von
ist.
Beweis:Sei
eine zyklische einstellige Algebra. Ein Element erzeugt
also . Das heißt . Wegen dem Rekursionsatz 2.8
gibt es zu der Abbildung
genau ein
Homomorphismus
mit
ist als epimorphes Bild einer abgeschlossenen Menge
abgschlossen. Also ist
. Daher ist surjektiv. Die
Umkehrung ist einfach.
Satz 3.4
Jede einstellige Algebra ist epimorphes Bild einer freien einstelligen Algebra.
Beweis:Sei eine einstellige Algebra. Sie werde erzeugt von . Man
kann die elementfremde Vereinigung
bilden. Als Funktion wählt man :
ist injektiv und nicht surjektiv. Die Elemente aus
kommen nicht im Bild von vor. Außerdem erzeugt .
Also ist frei. Zu der Abbildung
gibt es ein
eindeutig bestimmtes
mit
für alle
. Die Bildmenge von ist abgeschlossen in und enthält
. Daher ist surjektiv.
Satz 3.5
- Jede Teilmenge einer endlichen Menge ist endlich.
- Ist
eine injektive Abbildung in eine endliche Menge
, so ist endlich.
- Jedes epimorphe Bild einer endlichen Menge ist endlich.
- Die Vereinigung zweier endlicher Mengen ist endlich.
Beweis:Zu 1. Sei eine Teilmenge der endlichen Menge . Dann ist
. Sei
eine injektive Abbildung.
Wir erklären eine injektive Abbildung
mit für
alle .
Behauptung: ist injektiv.
Es sei
mit
. Dann gibt es drei
Möglichkeiten:
-
. Dann ist
. Somit
ist
, da injektiv ist.
-
und
. Dann ist
aber
. Dann ist
aber
unmöglich.
-
. Dann ist
.
Also ist in jedem Fall, in dem
möglich ist, schon
. Daher ist injektiv. Da endlich ist, ist auch
surjektiv. Es gibt daher zu jedem ein mit . Es ist
aber
unmöglich. Denn dann wäre
.
Andererseits . Also ist . Dann ist aber und man
hat: Zu jedem gibt es ein mit . Das heißt ist
surjektiv. Also ist eine endliche Menge.
Zu 2. Man zeigt leicht, dass die Klasse der endlichen Mengen gegenüber
Bijektionen abgeschlossen ist. Damit folgt die Behauptung.
Zu 3. Ist
eine surjektive Abbildung mit endlichem , so
gibt ein
mit . Daher ist eine injektive
Abbildung.
ist endlich. Daher ist endlich.
Andreas Bartholome
2005-03-06