Andere Kennzeichen der Unendlichkeit

Wir müssen etwas vorbereiten

Wir sagen ein $ x\in A$ ist erreichbar von $ U$ aus, wenn $ x\in [U]$ ist.

Hilfssatz 3.9   Ist $ \alpha:[a]\rightarrow [a]$ surjektiv, so gilt für alle $ c\in [a]$: $ [c]=[a]$

Beweis:Sei

$\displaystyle T=\{c\vert c\in [a]$    und $\displaystyle [c]=[a]\}$

Es ist $ a\in T$. Sei $ c\in T$. Es gilt $ [c]=\{c\}\cup \alpha([c])$. Ist $ \alpha(c)= a$, so ist $ [\alpha(c)]=[a]$ und man ist fertig. Andernfalls gibt es ein $ y\in [c]$ mit $ \alpha(y)=a$. Daher ist $ \alpha(a)\in \alpha([c])=[\alpha(c)]$. Daher ist $ [\alpha(a)]=[\alpha(c)]$. Nun ist aber $ [\alpha(a)]=[a]$. Denn es gibt ein $ y\in [a]$ mit $ \alpha(y)=a$. Daher ist $ a\in \alpha([a])=[\alpha(a)]$. Es ist also $ [a]=[\alpha(a)]$. Wir können daher obige Gleichung weiterschreiben. $ [\alpha(a)]=[\alpha(c)]=[a]$. $ T$ ist daher gegenüber $ \alpha$ abgeschlossen. Es ist $ T=[a]$. $ \Box$

Hilfssatz 3.10   Ist $ \alpha$ injektiv und $ a\notin \alpha([a])$, so ist für alle $ x\in [a]$, $ x\notin[\alpha(x)]$.

Beweis:Sei

$\displaystyle T=\{x\vert x\notin [\alpha(x)].$

Es ist $ a\in T$ nach Voraussetzung. Sei $ b\in T$. Also $ b\notin[\alpha(b)]$. Angenommen $ \alpha(b)\in
\alpha([\alpha(b)])=[\alpha(\alpha(b))]$. Es gibt dann ein $ c\in
[\alpha(b)]$ mit $ \alpha(b)=\alpha(c)$. Weil $ \alpha$ injektiv ist, ist $ b=c$. Daher ist $ b\in [\alpha(b)]$. Das ist ein Widerspruch zur Voraussetzung. $ \Box$

Hilfssatz 3.11   Sei $ (A,\alpha)$ mit injektivem $ \alpha$. Für $ a,b\in A$ gilt: $ [a]\cap
[b]=\emptyset$. oder $ [a]\subset [b]$ oder $ [b]\subset [a].$

Beweis:Wir betrachten $ [b]\setminus [a]$.
  1. Ist $ b\notin [a]$, so ist $ b\in [a]$ und daher $ [b]\subset [a]$. Man ist fertig.
  2. Andernfalls ist $ b\in [b]\setminus [a]=T$.
    1. Ist $ [b]\setminus [a]$ abgeschlossen gegenüber $ \alpha$, so ist $ [b]=[b]\setminus [a]$. Das heißt $ [b]\cap [a]=\emptyset$.
    2. $ [b]\setminus [a]$ ist nicht abgeschlossen gegenüber $ \alpha$. Dann gibt es ein $ c\in [b],c\notin[a]$, aber $ \alpha(c)\in [a]=\{a\}\cup
\alpha([a])$. Ist $ \alpha(c)= a$, so ist $ [a]\subset [b]$ und man ist wieder fertig. Andernfalls ist $ \alpha(c)\in \alpha([a])$. Es gibt daher ein $ d\in [a]$ mit $ \alpha(c)=\alpha(d)$. Weil $ \alpha$ injektiv ist, folgt $ c=d$.Daher ist $ c\in [a]$. Dies widerspricht der Wahl von $ c$.
$ \Box$

Satz 3.12   Ist $ \alpha:A\rightarrow A$ injektiv und $ a\notin Bi(\alpha)$, dann ist die Abbildung:

$\displaystyle \Phi:[a]\ni x\mapsto [x]\in$   Menge der abgeschlossenen Teilmengen von $\displaystyle [a]$ (4)

bijektiv.

Beweis:Seien $ x,y\in [a]$ mit $ [x]=[y]$. Dann ist $ x\in [y]$. Wäre $ x\neq y$, so wäre $ x\in \alpha([y])$. Es gäbe ein $ c\in [y]=[x]$ mit $ \alpha(c)=x$. Dieses $ c$ wäre auch in $ [x]$. Das hieße $ x\in \alpha([x])=[\alpha(x])$ im Widerspruch zum Lemma 3.10. Daher ist $ \Phi$ injektiv. Zu zeigen bleibt die Surjektivität von $ \Phi$.

Sei $ U$ eine gegenüber $ \alpha$ abgeschlossene Teilmenge von $ [a]$. Ist $ a\in U$, so ist $ [a]=U$ und man ist fertig. Andernfalls ist $ a\notin U$. Sei

$\displaystyle T=\{c\vert c\notin U\}$

$ T$ ist nicht gegenüber $ \alpha$ abgeschlossen, da sonst $ T=[a]$, also $ U$ die leere Menge wäre. Also gibt es $ c\notin U$ aber $ \alpha(c)\in U$.

Beh.: $ [\alpha(c))]=U$

Bew.: Wäre das nicht der Fall, so gäbe es ein $ u\in U$ mit $ u\notin[\alpha(c)]$. Also ist $ [u]\not\subset [\alpha(c)$ und wegen 3 ist $ [u]\cap [\alpha(c)]\neq \emptyset$.

Angenommen $ u\notin[\alpha(c)]$, so ist $ [\alpha(c)]\subset [u]$ und $ u\neq
\alpha(c)$. Also ist $ \alpha(c)\in \alpha([u])$. Es gibt daher ein $ d\in
[u]$ mit $ \alpha(d)=\alpha(c)$. Weil $ \alpha$ injektiv ist, ist $ c=d\in U$. Das kann aber nicht sein. Es kann also ein $ u\in U\setminus[\alpha(c)]$ nicht geben. Daher ist $ U=[\alpha(c)]$. Das heißt die Abbildung $ \Phi$ ist surjektiv.

$ \Box$

Satz 3.13 (Unendliche Menge)   Für eine Menge sind folgende Aussagen äquivalent:
  1. $ A$ ist unendlich.
  2. Es gibt eine streng monoton fallende Funktion $ f:\mathbb{N}\rightarrow
\mathfrak{P}(A)$
  3. $ \mathfrak{P}(A)$ enthält eine Teilmenge $ \mathfrak{A}$ ohne kleinstes Element.

Beweis:1. $ \Longrightarrow $2. $ \alpha:A\rightarrow A$ sei eine injektive nicht surjektive Funktion und $ a\notin \alpha(A)$. Weiter sei $ [a]$ die von $ a$ erzeugte einstellige Unteralgebra. Ich betrachte die Menge der zyklischen Unteralgebren von $ [a]$. Durch

$\displaystyle \beta:[b]\mapsto [\alpha(b)]=\alpha([b])$ (5)

wird jeder solchen zyklischen Unteralgebra eine echte zyklische Unteralgebra zugeordnet. Nach dem Rekursionssatz gibt es eine Funktion

$\displaystyle f:\mathbb{N}\rightarrow$   Menge der zyklischen Unteralgebren

mit $ f(0)=[a]$ und $ f(n+1)=\beta(f(n))$. (Dies kann man auch so formulieren: Es gibt eine Funktion $ g:[a]\rightarrow$   Menge der zyklischen Unteralgebren mit $ g(a)=[a]$ und $ g(\alpha(x))=\beta(g(x))$) Beh.: $ f$ ist streng monoton fallend.

Bew: Es sei $ T=\{t\vert f(n+t)< f(n)\}$ Es ist $ f(n)=[b]$ und $ f(n+1)=[\alpha(b)]\subsetneq [b]$. Also ist $ 1\in T$. Sei $ t\in T$ und $ f(n+t)=[b]$. Dann ist $ f(n+t+1)=\beta([b])=[\alpha(b)\subsetneq
[b]=f(n+t)\subsetneq f(n)$. Also ist $ T$ abgeschlossen gegenüber Nachfolgern. Daher ist $ T=\mathbb{N}$. Die Funktion $ f$ ist daher echt monoton fallend.

2. $ \Longrightarrow $3.: Ist

$\displaystyle f:\mathbb{N}\rightarrow \mathfrak{P}(A)$

echt monoton fallend, dann enthält $ \{f(n)\vert n\in$   $ \mbox{$\mathbb{N}$}$$ \}$ kein minimales Element.

3. $ \Longrightarrow $2. Sei $ \mathfrak{U}\subset \mathfrak{P}(A)$ eine Menge ohne minimales Element. Das bedeutet. Für jedes $ U\in \mathfrak{U}$ ist $ K(U)=\{V\vert V\subsetneq
U, V\in \mathfrak{U}\} \neq \emptyset$. Nach dem Auswahlaxiom gibt es daher eine Funktion

$\displaystyle \alpha:\mathfrak{U}\rightarrow \mathfrak{U}$

mit $ \alpha(U)\in K(U)$ für alle $ U\in \mathfrak{U}$. Wir wählen ein beliebiges $ U_{0}\in \mathfrak{U}$ aus. Nach dem Rekursionssatz gibt es eine eindeutig bestimmte Funktion $ f:$$ \mbox{$\mathbb{N}$}$$ \rightarrow \mathfrak{U}$, mit $ f(0)=U_{0}$ und $ f(n+1)=\alpha(f(n))$. Man zeigt leicht: $ f$ ist echt monoton fallend.

2. $ \Longrightarrow $1. Da es eine streng monoton fallende Funktion $ f:$$ \mbox{$\mathbb{N}$}$$ \rightarrow
\mathfrak{P}(A)$ gibt, gibt es eine echt absteigende Kette $ U_{0}\supsetneq
U_{1}\supsetneq\dots$. Daher ist $ B_{0}=U_{0}\setminus
U_{1},B_{1}=U_{1}\setminus U_{2}\dots $ eine Folge von nichtleeren paarweise disjunkten Mengen. Nach dem Auswahlaxiom gibt es daher eine Folge $ x_{0},x_{1},\dots $ mit $ x_{i} \in B_{i}$. Die $ x_{i}$ sind daher paarweise verschieden. Wir haben daher eine injektive Funktion $ h:$$ \mbox{$\mathbb{N}$}$$ \ni n\mapsto
x_{n}\in A$. Das heißt $ A$ ist unendlich. $ \Box$
Es ist natürlich auch $ A$ unendlich genau dann, wenn es Teilmenge von $ \mathfrak{P}(A)$ ohne maximales Element gibt. Es müsste auch gezeigt werden können: $ A$ ist unendlich genau dann wenn es eine Funktion $ \alpha:A\rightarrow A$ gibt und eine Bahn ohne Wiederkehr. Dies ist deutlich zu machen.

Satz 3.14   Ist $ A$ eine endliche Menge und $ x$ beliebig, so ist $ A\cup\{x\}$ endlich.

Beweis:Angenommen es gibt eine injektive Funktiopn $ \alpha:A\cup\{x\}\rightarrow
A\cup\{x\}$, welche nicht surjektiv ist. Also gibt es ein $ a\in
A\cup\{x\}$ mit $ [a]\cong$   $ \mbox{$\mathbb{N}$}$, welche nicht surjektiv ist.

1. Fall: $ x\notin [a]$. Dann ist $ [a]\subset A$ und daher $ A$ unendlich.

2. Fall: Dann ist aber $ x\notin [\alpha(x))]\subset A$. Es ist aber auch $ [\alpha(x)]\cong$   $ \mbox{$\mathbb{N}$}$. Also ist wieder $ A$ unendlich. Dies widerspricht der Voraussetzung. $ \Box$
Wir wollen eine Menge zählbar nennen, wenn es ein $ n\in$   $ \mbox{$\mathbb{N}$}$ gibt und eine Bijektion $ f:A\rightarrow$   $ \mbox{$\mathbb{N}$}$$ \setminus [n]=\overline{[n]}$, wenn es also eine Bijektion auf einen unteren Abschnitt von $ \mbox{$\mathbb{N}$}$ gibt.

Satz 3.15   Eine Menge ist genau dann endlich, wenn sie zählbar ist.

Dies ist vielleicht das Endlichkeitskriterium welches den meisten Leuten zuerst einfällt. Beweis:Sei $ A$ endlich. Dann enthält die Menge der zählbaren Teilmengen von $ A$ ein maximales Element $ U^{*}$ und eine bijektive Funktion $ f:U\rightarrow
\{0,1\dots,n-1\}$.

Beh. $ U^{*}=A$. Wäre dies nicht der Fall, so gäbe es ein $ a \in A$ aber $ a\notin U^{*}$. Wir betrachten $ U_{0}:=U^{*}\cup \{a\}$. und die Funktion:

$\displaystyle f^{*}:U_{0}\ni u \mapsto \begin{cases}f(u) \text{ falls } u\in U^{*}\\ n \text{ falls } u=a \end{cases}$ (6)

Diese Funktion ist bijektiv. Das geht aber nicht, da schon $ U^{*}$ maximal war.

Zu zeigen oist, dass jeder untere Abschnitt von $ \mbox{$\mathbb{N}$}$ endlich ist. Dies ist sicher richtig für $ \{0\}=\overline{[1]}$. Sei

$\displaystyle T=\{t\vert \{0,1,\dots,t\}$    endlich $\displaystyle \}$    

$ T$ ist wegen 3.14 gegenüber Nachfolgern abgeschlossen also ist $ T=$$ \mbox{$\mathbb{N}$}$. $ \Box$
Wir haben also folgendes Ergebnis. Die endlichen Mengen sind genau die Mengen, die einem unteren Abschnitt von $ \mbox{$\mathbb{N}$}$ gleichmächtig sind. Jetzt ist einfach:

Satz 3.16   Die Vereinigung zweier endlicher Mengen ist endlich.

Hinweise:

  1. Ein Argument von Aristoteles:Zitiert nach ,,Aristoteles Kritiker der Wirklichkeit`` [LL55, Seite 25] ,,Man kann behaupten, dass in jeglichem Bereiche, wo es eine Stufenreihe, ein Höher oder Niedriger bezüglich der Vollkommenheit gibt, notwendig auch ein schlechthin Vollkommenstes besteht. Da es nun unter dem, was ist, eine solche Abstufung von Dingen höherer und geringerer Vollkommenheit gibt, so gibt es auch ein vollkommenstes Seiendes, und dies dürfte das Göttliche sein.`` Diese Bemerkung des Aristoteles erscheint falsch. Denn nehmen wir die Menge der natürlichen Zahlen. Diese Menge ist der Größe nach geordnet aber sie enthält kein größtes Element. Analog ist dies mit dem unendlichen Abstieg. Auch er ist nicht notwendig widersprüchlich. Im übrigen ist hier schon drin enthalten, dass alle Mengen endlich sind. Denn sei $ A$ eine unendliche Menge. Dann enthält $ \mathfrak{P}(A)$ eine Teilmengeohne größtes Element. Ja $ \mathfrak{P}(A)$ enthält sogar Ketten ohne größtes Element und Ketten ohne kleinstes Element. Es ist aber die Frage, ob Aristoteles dies als Gegenargument zugelassen hätte. Denn in einem anderen Sinne stimmt seine Behauptung in der Potenzmenge schon. Und zwar wenn es nur endliche Mengen gibt. Vielleicht ist das der geheime Grund warum er nur endliche Mengen zulässt. Seine Gottesbeweise funktionieren sonst nicht.
  2. Thomas von Aquin scheint explizit die Existenz der Unendlichkeit zu leugnen. So schreibt er in der Summe wider die Heiden [von74, 20. Kapitel ,,Gott ist kein Körper`` Seite 77] ,,Eine unendliche Größe gibt es nicht``
Andreas Bartholome 2005-03-06