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Bernhard als Novize in Citeaux

Die Vita des Wilhelm überschlägt sich nun bei der Schilderung der asketischen Meisterleistungen ihres Helden. Ein paar typische Sätze: ,,Nur Geister sollen ins Kloster eintraten, denn das Fleisch taugt nichts oder das fleischliche Begehren ist draußen abzustreifen``. Dieser Bernhard hat sich in keinem Stücke geschont. Er bemühte sich in jeder Weise, nicht nur die Begierlichkeit des Fleische, die sich durch die leiblichen Sinne äußert, sondern die Sinne selbst als Quelle dieser Äußerungen abzutöten. Da steckt doch eine seltsame Theologie dahinter. Die Sinne die unser Tor zur von Gott geschaffenen Welt sind, sollen abgetötet werden. Ist das christlich? Ich vermute Nein. So wird lobend hervorgehoben ,,Der Geschmacksinn verriet ihm nicht was er aß; die körperlichen Sinne meldeten ihm kaum etwas. Er merkte also nicht den Unterschied zwischen Tomate oder Wurst, zwischen Kuß und Ohrfeige, zwischen Lächeln und Schimpfen. Bernhards Geist führte Krieg gegen seinen Körper und zwar derart heftig, daß ,,seine Leiblichkeit unter der Last zusammenbrach und sich bis auf den heutigen Tag nicht wieder erholte``. Er hat sich also selbst verstümmelt. Sein Körper, der so hart bekriegt wurde, wehrte sich schließlich auf seine Weise. Bernhard erkrankte an schlimmer Magersucht. Wieder die Vita: ,,Er begab sich zu Tisch wie zur Folterbank.`` Alles mußte er sofort wieder erbrechen. Aber auch positives gibt es über Bernhard aus dieser Zeit des Noviziats zu berichten. Bernhard lernte körperliche Arbeit zu schätzen, nachdem er zunächst als besonders ungeschickt galt. Und das ist ja auch vieleicht die entscheidende Leistung der Mönche, daß sie den Wert der körperlichen Arbeit anhoben. Seine Begabung zur Predigt und Schriftauslegung feierte damals erste Triumphe. ,,Und was immer er bei Verkündigung des Wortes Gottes aus der heiligen Schrift vorlegt, das gestaltet er so einleuchtend und gefällig und was das Ziel der Rede betrifft so wirksam und aufrüttelnd, daß jedermann, ob Philosoph oder Theologe, über die anmutsvollen Worte, die aus seinem Munde fließen erstaunt ist.``


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Andreas Bartholome
2004-10-21