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Kindheit und Jugend

Der Vater Bernhards war ein burgundischer Edelmann, Tescelin le Saur. Seine Mutter die Adelige Aleth von Monbarth. Der Vater, in der Welt hoch angesehen, wie die Vita zu berichten weiß, leistete evangeliengemäßen Waffendienst, falls es so etwas gibt. Die Mutter Aleth gebar - nicht so sehr ihrem Mann -, sondern vielmehr Gott (und Gott hieß in den Worten des Wilhelm von Tierry, dem Verfasser dieses ersten Berichtes aus der prima Vita) - dem Kloster sieben Kinder. Das dritte Kind war Bernhard, der spätere Lieblingssohn seiner Mutter. Alle Kinder sollten unter dem Einfluß Aleths und Bernhards in ein Kloster eintreten. Die hochadlige Dame verschmähte es, ihre Kinder von fremden Brüsten ammen zu lassen. Sie stillte selber und Bernhard verweigerte nicht ihre Brust, wie es noch der heilige Nikolaus zumindestens Freitags tat. Bernhard saugte also von Anfang an mit kräftigen Zügen die Milch der frommen Denkungsart in sich ein. Es sollte seine letze Berührung weiblicher Brüste im Leben sein. Die Ammenrolle sollte nach der Legende später Maria höchstpersönlich übernehmen. Aleth spielte im Leben Bernhards eine beherrschende Rolle. Während sie mit Bernhard schwanger ging, so weiß die Vita zu berichten, hatte Aleth einen Traum. Sie träumte von einem schneeweißen Hündchen mit rötlichen Rücken unter ihrem Herzen. Ein Ordensmann (wer sonst ) deutet ihren Traum: Fürchte dich nicht, die Sache steht gut. ,,Du wirst die Mutter eines vortrefflichen Hundes sein; Wächter des Hauses Gottes wird er sein und deshalb ein gewaltiges Bellen gegen die Feinde des Glaubens erheben. Ein hervorragender Prediger wird er sein und wie ein guter Hund, mit heilkräftiger Zunge begabt, vieler Menschen kranke Seelen gesund machen.`` Der fromme Ordensmann sollte in seiner Deutung meist recht behalten. Tatsächlich, Bernhard erhob ein gewaltiges vernunftloses Bellen unter anderem auch gegen die Feinde des Glaubens. Meist aber gegen Freunde des Glaubens, die anderer Meinung als er waren. Sie bellte er mit viel Lärm aus der Kirche heraus. Die prophetische Vision ist besonders erstaunlich wenn man bedenkt, wer sie ausgegraben hatt. Nähmlich Wilhelm von Tierry. Das war derjenige, der den bellenden Hund auf Abälard hetzte. Vielleicht noch ein Merkmal welches die prophetischen Visionen der Berhardschen Sippe auszeichnet. Sie sind sogenannte Standartvisionen, sie entsprechen immer einem bestimmten Klischee . So auch die Vision des Hundes. Der Hund ist seit alters her das Symbol der Treue. Das erkennt frau schon daran, daß jedes bessere Edelmannsgrab den Junker oder die Junkersfrau mit einem netten Wauzi zu Füßen zeigt. Auch Wilhelm von Thierry bemerkte zu Recht schon daß dieses Bild schon im Psalm David vorkommt. ,,Daß deine Hunde noch lecken ihren Teil von den Feinden.`` (Ps 67,24)

So früh wie möglich schickten die Eltern Bernhard in die Schule an der Kirche von Chatillon. Dort lehrten weltliche Stiftsherrn. Bernhard machte daraus später, wie alles, was auch nur in entferntem Zusammenhang mit seiner Familie stand, eine Ordengemeinschaft. An der Schule wurden hauptsächlich drei Fächer unterrichtet nämlich Grammatik Rethorik und Dialektik. Wilhelm von Tierry legt Wert darauf festzustellen, daß Bernard keinen Wert auf die Dialektik und Logik legte, er hielt sie für leeres Geschwätz. Dafür glänzte er umso mehr in der Rethorik. Auch das sollte er später beibehalten. Er überzeugte nicht seine Gesprächspartner durch Logik und Argumente, sondern vergewaltigte sie durch die Macht seiner Rethorik.

Bernhard war zuhause, ich halte mich wieder an seinen Biographen Wilhelm, das Musterbild eines braven Knäbleins. Den Eltern gegenüber war er unterwürfig und gehorsam. Selten ging er außer Hause mit Eifer machte er seine Hausaufgaben widmete sich den Schulwissenschaften wie es so schön heißt. In weltlichen Dingen begann er schon damals den Naturdrang in sich abzutöten. In der Tat war er in weltlichen Dingen denkbar einfältig. Diese Einfalt sollte er beibehalten, insbesondere seine entsetzliche Angst vor Dingen, die etwas mehr geistige Zweifaltigkeit erfordern. Die bekämpfte er später bis aufs Messer mit aller ihm zur gebote stehenden Leidenschaft.

Auch Bernhard hatte wie allle anderen Knaben und Mädchen Pupertätsprobleme. Er besiegte sie durch Abtötung. So ertappte er sich einmal wie er seine Augen eine Zeitlang mit neugierigen Blicken auf eine Frauensperson geheftet waren. Doch fand er sich sofort wieder, schämte sich seiner selbst und schwor sich bitter Rache: Ging hin und sprang bis an den Hals in das eiskalte Wasser eines nahen Teiches und verharrte darin bis er beinahe in Ohnmacht fiel. Die mitwirkende Gnade aber bewirkte, daß auch das Fieber fleischlicher Lust völlig in ihm erfror und eine Liebe zur Keuschheit ihm zu eigen wurde, wie Job sie besaß, der sagte: ,,Ich schloß einen Bund mit meinen Augen, nicht einmal einen Gedanken auf eine Jungfrau zu richten`` Hat Wilhelm Recht, so entmannte sich Bernhard damals geistig selber.

Die Jungfrauen und die jungen Frauen von Burgund fanden das damals nicht so toll. Der schöne junge Mann, der so schön schmelzend von der Liebe sprechen konnte, war sicher der Schwarm vieler Mädchen und Frauen. So heißt es: Um dieselbe Zeit warf sich ins Bett des schlafenden Bernhard ein nacktes Mädchen. Als er es bemerkte, trat er in aller Gemütsruhe den Platz, den er im Bette eingenommen hatte, ab, drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter. Das elende Weibsstück aber lag noch eine Weile ausharrend und zuwartend, dann tastend und kitzelnd; als jener aber unbeweglich blieb, überkam schließlich doch auch dieses schamloseste aller Mädchen die Scham und ganz wirr vor Schrecken und Staunen ließ sie von ihm ab, erhob sich und ließ von ihm ab.``

Soweit der Mönch Wilhelm, dessen Feder sich noch bei der Erinnerung an das sündige Weib vor Schrecken sträubt. Der jungfräuliche vielgefährdete Edeling (Wissen Sie, was ein Edeling ist? Sowas wie Bernhard) hatte dank der Gnaden, die ihm vom Himmel her zufielen in uradamischer Triebbeherschung die schamlos, frechen, weiblichen Anschläge auf seine Keuschheit pariert. Hätte Adam diese uradamsche Triebbeherrschung gehabt, so gäbe es keine Menschen. Bei Berhards Eltern funktionierte sie auch nicht so recht zuverlässig, denn sie zeugten immerhin 6 Kinder. Aber das wird reine Pflichterfüllung gewesen sein um den zukünftigen Orden zu bevölkern. Das mit der uradamischer Triebbeherrschung und den schamlos, freschen, weiblichen Anschlägen (man beachte die Steigerung) stammt nicht aus dem finsteren Mittelalter sondern von dem Herausdgeber der Prima Vita einem Cisterzienser der Neuzeit (1960). Noch eine anderer Fall von heroischer Keuschheitsverteidigung ist uns in der Vita erzählt. Ich will sie vorlesen, da sie in Bildern sehr beliebt ist. Denn auch fromme Menschen lieben es, zwar nicht unkeusch zu sein aber wenigstens der schrecklichen Gefahr im Bilde zu begegnen.

Ich zitiere wieder aus der Vita:

,,Etwas ähnliches ereignete sich, als Bernhard mit einigen Gefährten bei einer Edelfrau zu Gast war. Den bildschönen jungen Mann betrachtend, wurden der Frau seine Augen zur Schlinge, und sie entbrannte in leidenschaftlicher Begierde nach ihm. Sie ließ, ihm als dem ehrenwertesten unter den Gästen sein Bett in einem getrennten Raume rüsten. Des Nachts stand sie auf und trat ohne Schamgefühl zu ihm ein. Wie Bernhard ihrer gewahr wurde, fing er an, um keinen Rat verlegen, laut zu schreien, ,,Räuber! Räuber¡` Auf diesen Ruf floh das Weib, das ganze Hauswesen erhob sich Licht wurde gemacht, der Räuber gesucht doch nicht gefunden. Jeder ging wieder zu Bett, Schweigen herrschte, es war wieder dunkel wie zuvor, und alles ruhte, nur das unglückliche Weib hatte keine Ruhe. Abermals stand es auf und begab sich zu Bernhards Bett. Dieser aber stieß aufs neue den Ruf ,,Räuber! Räuber¡` aus . Und wieder ging es an die Suche nach dem Räuber; dieser blieb natürlich wieder verborgen, und der, der allein ihn kannte, deckte ihn nicht auf. Ein drittes Mal noch wurde das freche Weib auf die gleiche Weise abgewiesen; dann erst gab es, sei es aus Furcht oder Verzweiflung, endlich seine Versuche auf. Als sie anderen Tages wieder auf der Reise waren, machten die Gefährten Bernhard Vorwürfe und wollten wissen, mit was für Räubern er es denn in der vergangenen Nacht zu tun gehabt hätte. Er darauf: ,,Wahrhaftig, es war ein Räuber da. Was ich als Kostbarstes in diesem Leben habe, die Keuschheit, diesen unvergleichlichen Schatz mir zu rauben, darauf hatte es die Wirtin abgesehen``. Wir lernen daraus etwas über die Reihenfolge der Werte, die in Bernhard Ethik eine Rolle spielten.


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Andreas Bartholome
2004-10-21